Solidarität mit #metoo

Unter dem Dach von FC Gloria kommen viele verschiedene Frauen aus der Filmbranche zusammen. Frauen mit unterschiedlichen Jobs und unterschiedlichen Meinungen. Frauen, die in den strengen Hierarchien der Filmwelt recht weit oben, in der Mitte und recht weit unten tätig sind. Was uns verbindet, ist das Unbehagen gegenüber einer Arbeitswelt, die historisch durch eine sehr klare Geschlechtertrennung geprägt ist: Männer hinter der Kamera – in Entscheidungspositionen, das Geld verwaltend, die Gewinne verteilend, die Ästhetik bestimmend – Frauen als deren emsige Assistentinnen. Und Frauen vor allem vor der Kamera: am liebsten schön, sexy, meist mit wenig Text bedacht, Objekt der Begierde des männlichen Protagonisten und durch seine Augen auch Objekt der Begierde des Publikums.

Unsere heutige Arbeitswelt ist auf dem Boden dieser Geschlechtertrennung gewachsen und kann nicht losgelöst von ihrer Geschichte betrachtet werden. Dass heute mehr und mehr Frauen in vormals rein männlichen Berufen tätig sind, dass die weiblichen Filmfiguren vielschichtiger werden, Jobs, Backstories und ernstzunehmende Konflikte haben, ist nicht einer Riege von Film-Männern zu verdanken, die Platz gemacht und Ressourcen freiwillig geteilt haben. Diese Errungenschaften sind Feministinnen und Feministen zu verdanken, die in vielen Bereichen der Gesellschaft herrschende Strukturen und vermeintlich natürliche Missverhältnisse in Frage gestellt und gegen diese aufbegehrt haben. Diese Errungenschaften in Sachen Geschlechtergerechtigkeit wollen wir von FC Gloria sichern und weiter vorantreiben, bis unsere Arbeit nicht mehr gebraucht wird.

Dass nun im Rahmen von #metoo Berichte von Belästigung und Übergriffen öffentlich gemacht werden, finden wir äußerst wichtig. Auch wir kennen solche Geschichten aus unserem Netzwerk und sie betreffen Schauspielerinnen, Produzentinnen, Regisseurinnen, Autorinnen, Tonmeisterinnen und Kamerafrauen genauso wie Regieassistentinnen, Szenen- und Kostümbildnerinnen, Maskenbildnerinnen, Beleuchterinnen, Setrunner, Fahrerinnen etc.

Diese Geschichten zeigen, wie stark noch heute die Filmbranche – sowohl die Arbeitswelt an sich, als auch ihre Erzähltradition – auf einem sexistischen Prinzip basiert und wie viel Mut es kostet, mit Berichten von solchen Demütigungen an die Öffentlichkeit zu treten. Außenstehenden ist vielleicht nicht immer bewusst, welch enormen Abhängigkeiten Menschen ausgesetzt sind, wenn sie in der Unterhaltungsindutrie arbeiten. Sehr oft hängt der eigene Job vom Gutdünken nur einer, mächtigen Person ab: FestivalleiterInnen, RedakteurInnen, ProduzentInnen, Jurymitglieder, CasterInnen, RegisseurInnen und ProfessorInnen an Film- und Schauspielschulen haben oft sehr große Macht und gehen nicht immer verantwortungsbewusst damit um. Machtmissbrauch hat viele Gesichter, oft ist das Ergebnis ein sexueller Übergriff und in den allermeisten Fällen sind die Opfer Frauen.

Bei FC Gloria sehen wir auch, welche Konsequenzen solche Erlebnisse haben: in den wenigsten Fällen können Betroffene offen darüber sprechen, ohne ihren aktuellen oder anstehenden Job zu gefährden. Die Filmbranche ist unheimlich klein und der Umgangston sehr intim. Einmal ausgesprochen, spricht sich alles schnell herum und die Anklägerin wird schnell zur Angeklagten. Es ist absolut nachvollziehbar, dass viele Frauen lang geschwiegen haben. Manche sprechen jetzt etwas aus, viele können es sich auch jetzt nicht leisten.

Was #metoo aber auch zeigt, ist, dass die Frage, welche Filme konsumiert werden, mitbestimmt, welche Arbeitsbedingungen bei der Herstellung von Filmen herrschen. So lange die stereotypen Geschlechterbilder in Film und TV konsumiert werden, so lange werden sie auch reproduziert. Wie oft hören wir von Schauspielerinnen, dass ihnen immer dieselben, auf Sexyness reduzierten Rollen angeboten werden, dass der Druck, jung, schlank und begehrenswert zu sein, enorm ist und welche Unerhörtheiten sich Männer und Frauen, die über die Vergabe von Rollen entscheiden, ihnen gegenüber herausnehmen. Hier liegt es an uns allen, Verantwortung zu übernehmen.

Wir finden es angesichts der betroffenen Frauen, die wir aus unserem Netzwerk kennen, traurig und bedrückend, dass nun manche Kolleginnen und Kollegen – teilweise enorm öffentlichkeitswirksam – mit ihren Kommentaren das, was so vielen passiert, relativieren wollen und die Schuld bei den Opfern selbst suchen. Der Fingerzeig auf „die Feministinnen“, diejenigen, die einen Missstand aufzeigen, das Victim-Blaming, die Täter-Opfer-Umkehr also, sind altbekannte Methoden, um Betroffene zum Schweigen zu bringen und die eigene Loyalität mit den Mächtigen zu unterstreichen. Dieses für so viele Frauen Tag für Tag belastende Thema zu missbrauchen, ist eindeutig zu verurteilen.

Letztlich ist es uns wichtig, denjenigen, die Übergriffe erlebt haben, zu sagen: „Ihr seid nicht allein!“ und alle einzuladen, sich bei uns zu melden. In unserer nächsten Vorstandssitzung werden wir darüber beraten, wie wir Betroffene unterstützen und ein Netzwerk schaffen können, sodass keine Frau mehr mit dem Erlebten alleine bleiben muss.

Seid solidarisch, bleibt optimistisch!

Die Vorstandsmitglieder von FC Gloria – Barbara Albert, Karin Berghammer, Sandra Bohle, Wilbirg Brainin-Donnenberg, Katrina Daschner, Nike Glaser-Wieninger, Astrid Heubrandtner, Gabriele Kranzelbinder, Nina Kusturica, Katharina Mückstein, Barbara Pichler, Andrea Pollach, Daniela Praher, Kathrin Resetarits, Ebba Sinzinger, Claudia Wohlgenannt, Ursula Wolschlager, Katharina Wöppermann